Der Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik stellt sich vor
Der Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik
Im Zentrum unserer Forschung und Lehre steht der Umgang mit dem Historisch-Politischen und seinen Geschichte(n) an den verschiedenen geschichtskulturellen Orten, in seinen verschiedenen geschichtskulturellen Formen und in seinen geschichtskulturellen Praktiken.
Als Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik stehen wir damit für eine theoretisch-reflektierte Geschichts- und Politikdidaktik, die sich selbst in Frage stellt, sich einbringt und positioniert und dadurch Ambivalenzen historisch-politischer Bildung in den verschiedenen Handlungsfeldern des politischen Raumes problematisiert.

Forschungsprofil und -schwerpunkte
Diesen Umgang mit dem Historisch-Politischen und seinen Geschichte(n), seine Orte, Formen und Praktiken, ergründen wir theoretisch, erfassen ihn empirisch und ermöglichen ihn pragmatisch.
- Historisch-politisches Lernen und Lehren
- Geschichts- und Politikunterricht
- Historisch-politische Bildung
- Disziplingeschichte
- Geschichtskulturen
- Public History
- Professionalisierung und Lehrer:innenbildung
- Demokratiebildung & Global Citizenship Education
Aktuell laufende Projekte des Arbeitsbereichs
Historisch-politische Bildung revisited
Beteiligte: Britta Breser & Christian Heuer
Kooperationen: Professur für Fachdidaktik Geschichte und Politische Bildung an der Universität Wien
Dauer: laufend
Im Kooperationsprojekt werden die Ambivalenzen historisch-politischer Bildung unter gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen (Verantwortung, Krisen und Anthropozän) neu vermessen.
EU-ropäische Krisen(-Erzählungen): Perspektiven der Lehramtsstudierenden in der Steiermark
Beteiligte: Britta Breser & Matthäus Berger
Kooperationen und Laufzeit: Drittmittel: Land Steiermark (März-Dezember 2023); Arbeiterkammer Steiermark (Februar – Dezember 2024)
Mit Demokratie sind in der öffentlichen Wahrnehmungen Erwartungen und Hoffnungen auf ein gutes Leben verbunden. EU-ropa steckt jedoch in einer Vielfach-Krise. Die EU-Skepsis ist in Österreich im Europa-Vergleich besonders hoch.
Studierende, die in der Steiermark gegenwärtig ein Lehramtsstudium absolvieren, haben EU-ropa aus der Perspektive eines Krisenmodus kennengelernt. Dieser ist nicht allein ein Zustand, der hinsichtlich seiner Ursache und einer Reaktion analysiert werden kann. Krisen lassen sich auch als herausforderndes Potenzial interpretieren, die unterschiedliche Erfahrungen und Bedeutungen produzieren, welche für historisch-politische Bildungsprozesse nutzbar gemacht werden können.
Aufgrund bisher völlig fehlender empirischer Erkenntnisse stellen sich u.a. folgende Fragen:
Welche Vorstellungen verbinden künftige Lehrpersonen mit EU-ropa? Wie schätzen sie die eigene EU-ropapolitische (Demokratie-)Bildung angesichts der Krisenhaftigkeit EU-ropas ein?
Postcolonial Italy. Mapping Colonial Heritage
Beteiligte: Markus Wurzer
Kooperation: in Kooperation mit Daphné Budasz (European University Institute, Florenz)
Dauer: laufend
Postcolonial Italy ist ein Public-History-Projekt, das Daphné Budasz und Markus Wurzer 2018 in Florenz gegründet haben. Das Projekt ist als unabhängige Bottom-up-Initiative konzipiert, die darauf abzielt, (a) koloniale Spuren in Italien zu identifizieren und zu sammeln, (b) kritisches Wissen über diese Spuren bereitzustellen, um (c) eine Debatte über koloniale Hinterlassenschaften anzustoßen und über die sozialen, politischen und kulturellen Folgen des Kolonialismus über den akademischen Kontext hinaus in der italienischen Gesellschaft zu reflektieren. Mehr Informationen zum Projekt
Aktuelle Publikationen des Arbeitsbereichs
Breser, Britta, Mag. M.E.S. Dr.
Gruber, M.-T., Ogris, K. & Breser, B. (Hrsg.) (2021b). Diversität im Kontext Hochschullehre: Best Practice. Münster und New York: Waxmann.
Breser, B. (2021a). Zur Interdependenz in der Politischen Bildung: Das Prinzip der Handlungsorientierung muss aktualisiert werden. Pädagogische Horizonte, 5/1, (S. 81-98).
Breser, B. (2020). Transnationale politische Partizipation: Ein Konzept gegen Nationalpopulismus? In M. Oberlechner, R. Heinisch & P. Duval (Hrsg.), Nationalpopulismus bildet? Schwalbach: Wochenschau.
Wurzer, Markus, Mag. Dr.
Colonial Heritage in Italy, Albania, and Somalia, in: Interventions. International Journal of Postcolonial Studies 26 (2024) 7, hrsg. mit Sebstian De Pretto.
Colonial Wars, Dis/Loyalty, and Discourses of Belonging at Italy’s Margins, in: Georg Grote/Andrea Carlà (Hg.), Changing Borders and Challenging Belonging – Policy Change and Private Experience, Oxford u.a. 2024, 239–262. DOI:
https://doi.org/10.3726/b18969
Introduction: Colonial Heritage in Italy, Albania, and Somalia, in: Interventions. International Journal of Postcolonial Studies 26 (2024) 7, 887–896, gemeinsam mit Sebastian De Pretto, DOI: https://doi.org/10.1080/1369801X.2024.2390831
Postcolonial Italy, a Public History Project Mapping Colonial Heritage, in: Interventions. International Journal of Postcolonial Studies 26 (2024) 7, 1069–1075, gemeinsam mit Daphné Budasz, DOI: https://doi.org/10.1080/1369801X.2023.2222710
Ingrid Böhler/Karin Harrasser/Dirk Rupnow/Monika Sommer/Hilde Strobl (Hg.), Ver/störende Orte. Zum Umgang mit NS-kontaminierten Gebäuden, Mandelbaum Verlag: Wien-Berlin 2024, in: Geschichte und Region/Storia e Regione 33 (2024) 2, 200-204.
Sabine Küntzel, Kolonialismus im Krieg. Die Kriegserfahrung deutscher Wehrmachtsoldaten im Nordafrikafeldzug, 1941–1943, Bielefeld 2023, in: Historische Zeitschrift 319 (2024) 1, 219–220. DOI: https://doi.org/10.1515/hzhz-2024-1236
Victoria Kumar/Gerald Lamprecht/Lukas Nievoll/Grit Oelschlegel/Sebastian Stoff (Hg.), Erinnerungskultur und Holocaust Education im digitalen Wandel. Georeferenzierte Dokumentations-, Erinnerungs- und Vermittlungsprojekte (Public History – Angewandte Geschichte 19), Bielefeld 2024, in: zeitgeschichte 51 (2024) 4, 543–544.
Eliane Kurmann, Fotogeschichten und Geschichtsbilder. Aneignung und Umdeutung historischer Fotografien in Tansania, Frankfurt/New York 2023, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 74 (2024) 1, 145-147. DOI: https://doi.org/10.24894/2296–6013.00142.
Annika Lems/Danaé Leitenberg/Christine Moderbacher/Herta Nöbauer/Markus Wurzer (Hg.), Alpine Geschichten des globalen Wandels. Eine Annährung in fünf Bildskizzen. Cyanotypien von Ariel Trettel und Laura Pan, Brixen/Bressanone 2024.
Bahnhof, in: Annika Lems/Danaé Leitenberg/Christine Moderbacher/Herta Nöbauer/Markus Wurzer (Hg.), Alpine Geschichten des globalen Wandels. Eine Annährung in fünf Bildskizzen. Dyanotypien von Ariel Trettel und Laura Pan, Brixen/Bressanone 2024, 97–124.
Der lange Atem kolonialer Bilder. Visuelle Praktiken von (Ex-)Soldaten und ihren Familien in Südtirol/Alto Adige 1935–2015 (Visual History. Bilder und Bildpraxen in der Geschichte 9), Göttingen 2023. DOI: https://doi.org/10.46500/83535423.
1933: Österreichischer Siedlungskolonialismus in Brasilien. Kulturimperialistisches Überlegenheitsgefühl und Vertreibung von indigener Bevölkerung, in: hdgö, Lexikon zur Zeitgeschichte, URL: https://hdgoe.at/kolonial_brasilien (abgerufen 30.10.2024).
(Counter-)Narratives of Violence. Colonial Legacies and Activism in Italy's Public Spaces, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 34 (2023) 1, 232–255. DOI: https://doi.org/10.25365/oezg-2023-34-1-11
The Social Lives of Mass-Produced Images of the 1935–41 Italo-Ethiopian War, in: Modern Italy 27 (2022) 4, 351–373. DOI: https://doi.org/10.1017/mit.2022.33
Kolonialkrieg im visuellen Familiengedächtnis. Erinnerungsproduktion durch transgenerationale Albumpraktiken in Südtirol/Alto Adige, in: zeitgeschichte 49 (2022) 2, 209–235.
Der autoritäre Griff nach den Hochschulen. Disziplinarverfahren gegen Studierende im Austrofaschismus, in: Carlo Moos (Hg.), (K)ein Austrofaschismus? Studien zum Herrschaftssystem 1933-1938 (Austria: Forschung und Wissenschaft. Geschichte 17), Wien 2021, 390-403.
In/Visibility of Violence: The First World War in Austrian Private Photo Albums, in: Contemporary Austrian Studies 30 (2021), 109–134.
Fotografie, in: Marcus Gräser / Dirk Rupnow (Hg.), Österreichische Zeitgeschichte – Zeitgeschichte in Österreich. Eine Standortbestimmung in Zeiten des Umbruchs (Böhlaus Zeitgeschichtliche Bibliothek 41), Wien-Köln: Böhlau 2021, 448–466. DOI: https://doi.org/10.7767/9783205209980.448
Der essentialisierende Blick zurück. Kolonialkrieg und Zugehörigkeit(en) im Fotoalbum, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 29 (2020), 52–87.
Disziplinierte Bilder. Kriegsbildberichterstattung im nationalsozialistischen Deutschland und faschistischen Italien im Vergleich, in: Jens Jäger (Hg.), Propagandafotografie, https://www.visual-history.de/2020/02/12/themendossier-propagandafotografie/ (abgerufen am 16.06.2022).
Sebastian De Pretto, Im Kampf um Geschichte(n). Erinnerungsorte des Abessinienkriegs in Südtirol (Formen der Erinnerung 71), Göttingen 2020, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 72 (2022) 3, 484–486. Doi: https://doi.org/10.24894/2296-6013.00114
Marion Krammer, Rasender Stillstand oder Stunde Null? Österreichische PressefotografInnen 1945–1955 (Zeitgeschichte im Kontext 16), Wien 2022, in: H-Soz-Kult, 22.08.2022, www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-115924 (Abruf: 22.08.2022).
Nicola Camilleri, Staatsangehörigkeit und Rassismus. Rechtsdiskurse und Verwaltungspraxis in den Kolonien Eritrea und Deutsch-Ostafrika (1882–1919) (Global Perspectives on Legal History 19), Frankfurt am Main 2021, in: H-Soz-Kult, 12.08.2022, www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-116821 (Abruf: 19.08.2022).
Projekte bis 2024
Disziplingeschichte(n) der „Geschichtsdidaktik“
Beteiligte: Christian Heuer & Hannah Van Reeth
Kooperationen: AK „Disziplingeschichte(n)“ der Konferenz für Geschichtsdidaktik (KGD)
Anhand von bislang unbearbeiteten und unveröffentlichten Quellen wird der Versuch unternommen, aus praxistheoretischer Perspektive das Feld „der“ Geschichtsdidaktik in den siebziger und achtziger Jahren, den Produktionsprozess geschichtsdidaktischen Wissens, ihre sozialen Praktiken des Agenda-Settings mitsamt ihrer Konstellationen und Wechselwirkungen im Kontext der Zeitschrift „Geschichtsdidaktik“ (1973-1987) mit den Instrumenten der historischen Epistemologie im Modus wissenschaftlicher Reflexivität disziplingeschichtlich neu zu vermessen, um so die Konstituierung und Etablierung der wissenschaftlichen Disziplin Geschichtsdidaktik als Effekt einer eigenen sozialen Praxis zu analysieren.
Warum? Der Nationalsozialismus in der Steiermark
Beteiligte: Christian Heuer
Kooperationen: Centrum für Jüdische Studien Graz, Clio, Museum für Geschichte, Professur für Fachdidaktik Geschichte und Politische Bildung an der Universität Wien
Im Kontext des Projekts wurde die neue Dauerausstellung zum Nationalsozialismus in der Steiermark gemeinsam mit den anderen Beteiligten konzeptionell und auf der Textebene erarbeitet und kuratiert. Die im November 2022 eröffnete Ausstellung versteht sich in ihrer Funktion als Geschichtswerkstatt als Kommunikations- Aneignungs- und Bildungsraum. Die vielfältigen Praktiken der Vermittlung und Aneignung von Geschichte(n) werden von uns seitdem kontinuierlich theoretisch ergründet, empirisch erfasst und pragmatisch ermöglicht.
Geschichte(n) der Geschichtskultur
Beteiligte: Christian Heuer
Die innerhalb der Geschichtskultur kursierenden Geschichten, die sie erzählenden Akteur:innen und ihre vielfältigen Praxen können als gegenwärtige Vorschläge, das Historische zu sehen und mit Sinn auszustatten, verstanden werden. Sie unterscheiden sich selbstverständlich je nach Akteur:in, in ihrer Intentionalität und in ihren Formen, in ihrer zugrundeliegenden Methodik und in ihrem Adressat:innenbezug. Eines aber haben sie alle gemeinsam: sie müssen verstanden werden, um zur Orientierung beitragen zu können. Der Umgang mit Geschichte(n) erfordert eben beides zugleich: Sinn zu verstehen und Sinn zu bilden. Im Zentrum der Forschungen steht die Sprache der ge-schichtskulturellen Manifestationen, bzw. ihre narrative Verfasstheit und die Art und Weise wie in unterschiedlichen Formaten (Bildende Kunst, Film, Autobiographie, Fotografie, Spielzeug, Serie, Stadtraum, PostDigitalien) diese Geschichten erzählt werden.
Verschriftungsspiele der „neuen“ Geschichtsdidaktik. Über die Praxis der Theorie. (Dissertationsprojekt)
Beteiligte: Hannah Van Reeth
Im Hinblick auf die theoretischen Debatten und Auseinandersetzungen der 1970er- und 1980er-Jahre soll in diesem Dissertationsprojekt eine historisch-epistemische Analyse der Grundlagen geschichtsdidaktischer Wissensordnungen erfolgen, indem theoretische Selbsterzählungen geschichtsdidaktischer Akteur:innen in ihren sozialen und machtstrukturellen Verhältnissen der damals jungen deutschsprachigen Geschichtsdidaktik untersucht werden. Die „Formierung einer Disziplin“ soll als Folge theoretischer Positionierungen verstanden werden, deren Konzeptionen einerseits zwar in ihrer abstrakten Form untersucht, jedoch mit ihren disziplinären Narrationen, ihren Aushandlungspraktiken und sozial-politischen Verhältnissen in Verbindung gebracht und kritisch herausgearbeitet werden sollen. Dabei soll der These nachgegangen werden, dass sich das sozial-politische geschichtsdidaktische Diskursfeld der 1970er- und 1980er-Jahre in einen besonderen textlich-epistemischen Kommunikationsraum verschob, der Theorie als wissenschaftspolitisches Autoritätsmoment versteht.